Alex schreibt seiner Lilli diesen Liebesbrief („Schattenblau“, Band 1)

 

Meine liebste Lilie,

My bounty is as boundless as the sea,

My love as deep: the more I give to thee

The more I have, for both are infinite.

Ich möchte Dir so viel sagen, liebste Lilli, und doch fehlen mir die Worte. Also schenke ich Dir Julias Worte, die sie für Romeo sprach. Weil ich es nicht schöner sagen könnte. Und weil mir der Vergleich der unendlichen Liebe mit der unendlichen See, die ich liebe, so gut gefällt.

Diese Zeilen haben mich schon immer berührt, ich wusste nie, weshalb. Jetzt weiß ich es, ich spüre sie jetzt tief in mir. Dort, wo ich Dich spüre. Ich schlafe ein und denke an Dich, ich wache auf und denke an Dich. Ich denke in jedem Augenblick, bei allem, was ich tue, nur an Dich, Lilli. Ich erfinde eine neue Welt mit Dir in meinen Gedanken, in meinem Herzen. Und doch ist es mir manchmal, als wärst Du seit Ewigkeiten mein Mädchen.

Das erste Mal, als ich Dich sah, Dich auf meinen Armen trug, warst Du zerbrechlich und hilflos, wie ich es später in Deinen Armen war. Wir retteten uns gegenseitig und so verbindet uns ein ewiges Band. Stärker als alles. Mächtiger als mein Wille. Und es treibt mich – zu schwach, um weiter dagegen anzukämpfen – zu Dir. Immer wieder zu Dir, Lilli.

Du bist stark und hast es besser verstanden als ich. Du hast nach Antworten gesucht. Vielleicht werde ich Dir eines Tages alles erklären können, jetzt nur so viel: Dieses Band besiegelt unser beider Schicksal. Es ist unser Schicksal! Unsere Zukunft. Wenn ich dagegen angekämpft habe, dann nur um Dich nicht in Gefahr zu bringen. Nicht, weil ich Dir nicht nahe sein möchte, Lilli. Du hast ja keine Ahnung …

Ich kann nicht länger mein Herz davor verschließen. Ich möchte es auch nicht, selbst wenn ich mit diesem Brief bereits dagegen verstoße, was mir gestattet ist.

Ich hoffe, dass es nicht zu spät ist. Dass ich die Zuneigung, die ich in Deinen Augen fand, durch mein Verhalten nicht vertrieben habe. Dass Du mich nicht wegschickst. Verdient hätte ich es, doch ich hoffe auf Deine Güte. Wende Dich nicht ab.

Ich weiß, dass ich viel verlange. Die Dinge, die ich Dir nicht erklären kann, all die Ungereimtheiten, die Antworten, die ich Dir nie geben werde … Ich verlange viel, wenn ich Dich bitte, es dabei zu belassen. Es ist nicht wegen Dir, Lilli, es ist wegen mir.

Auf etwas kannst Du aber vertrauen, ich flehe Dich an: Vertraue auf meine Gefühle für Dich. Ich fürchtete, sie wären eine Gefahr. Doch jetzt weiß ich, dass ich stark genug bin. Es ist nicht diese Gefahr, die uns trennt. Schreckliche Dinge werden geschehen, wenn ich nicht wachsam bleibe. Doch hab keine Angst. Nie werde ich zulassen, dass Dir, Liebste, etwas geschieht. Vertraue mir und lass mich Dich beschützen. Das ist mir das Wichtigste.

Für immer

Dein Alex