Irgendwann steht jeder vor einem Abschied. Manchmal auch von einer geliebten Person. Und dann gilt es, passende Worte zu finden, die den Abschiedsschmerz ein wenig lindern können.
In Band 2 der Schattenblau-Trilogie muss auch Alex Abschied von Lilli nehmen.
Lest hier, mit welchen Worten er das tut. Vielleicht findet ihr etwas Inspiration …
Lilli,
ich habe immer geglaubt, dass die machtvollste Kraft in mir meine Liebe zu dir ist, gewaltiger als meine Gaben, größer als das Leben. Dass ich erst durch dich auflebe, durch dich träume und liebe. Doch ich habe mich geirrt. Ich kann mich vor dem, was mich zur unbarmherzigen Einsicht zwingt, nicht wehren und so muss ich mich der Liebe widersetzen. Denn es geschehen Dinge, die mich zwingen, von dir wegzugehen.
Ich hoffe nicht auf dein Verständnis. Ich bitte aber um dein Vergeben. Nichts ist mir jemals so schwer gefallen, als jetzt den Stift zu halten und dir diese Zeilen zu schreiben. Dir in die Augen schauen und Lebewohl sagen – das könnte ich schlicht nicht.
Und so schreibe ich dir einen letzten Brief.
Danke, dass du nie mein Geheimnis preisgegeben hast. Ich weiß, es war nicht leicht, ein solches Wissen in deinem Herzen fest zu verschließen. Danke auch, dass du mir das Fahrradfahren beigebracht hast, mir Kuchen im Glas gemacht hast und mir gezeigt hast, was ein Smartphone ist. Die Erinnerung an die vielen Augenblicke in deiner Welt, in denen ich so viel Freude hatte, werde ich für immer in mir tragen. So wie ich den Ring, den du mir geschenkt hast, immer tragen werde.
Ich habe dir einmal versprochen, dir auch meine Welt zu zeigen. Es tut mir so leid, dass ich mein Versprechen nicht mehr halten werde.
Warte nicht auf mich, ich komme nicht zurück. Ich bitte dich, geh mit deiner Familie nach Hause, nach New York. Es ist das letzte Mal, dass ich dich um einen Gefallen bitte. Und dich gleichzeitig anflehe, mir zu glauben, dass dies zum Besten ist. Es gibt zwar Einiges, das du noch nicht über mich und unsere Welt weißt, doch es gibt auch Vieles, das du weißt. Und dieses Wissen kann dir gefährlich werden. Ich werde mir nie verzeihen, dass ich dich da hineingezogen habe, es war egoistisch und unbedacht. Ich habe dich in Gefahr gebracht und kann dich jetzt nicht mehr beschützen. Wie du weißt, ist Danya zur Bedrohung geworden. Und sie ist nicht minder gefährlich, als es damals Rex für dich war. Deshalb musst du zurück nach New York. Bitte tue es für mich.
Ich schulde dir noch die Antwort auf deine Frage vom letzten Jahr. Weshalb du nicht ertrunken bist? Weil ich dich rechtzeitig gefunden habe. So wie damals dein Bruder, als du ein Kind warst. Du solltest aufhören, nach Erklärungen zu suchen, es gibt diese einfache Antwort auf deine Frage: Es ist nichts Außergewöhnliches daran gewesen. Du bist ein ganz gewöhnlicher Mensch, der ungewöhnlich viel Glück hatte.
Ich wollte dich nicht enttäuschen und schon gar nicht verletzten, doch ich kann mich nicht mehr hinter dieser Lüge verstecken. Wir gehören nicht zusammen. Unsere Welten sind so weit weg voneinander, dass jeder Versuch scheitern wird, sie zusammenzubringen. Wir sind ein verbotenes Band eingegangen, früher oder später würden wir dafür bezahlen. Unsere Gesetze verbieten aus gutem Grund eine solche Verbindung, ich gebe mir allein die Schuld, sie zugelassen zu haben.
Du hattest recht, als du sagtest, dass ich manchmal wie ein Traumwesen bin. Wir waren Traumtänzer, Lilli. Die Zeit ist nun gekommen, aufzuwachen und zurück in die Wirklichkeit unserer Welten zu kehren. Dich gehen zu lassen, zu gehen – nie musste ich etwas Schmerzhafteres tun.
Ein letztes Versprechen gebe ich dir: Ich werde einen Weg finden, unser Seelenband zu durchtrennen. Wir werden bald frei sein. Wir werden vergessen. Ich muss dich vergessen und ein glückliches, erfülltes Leben in meiner Welt leben. Und du musst mich vergessen, in deiner Welt glücklich werden, von der Liebe deiner Familie und Freunde umgeben.
Irgendwann wirst du es wieder wagen, zu träumen. Finde dann den Mut, deine Träume zu leben.
Danke, dass du mich geliebt hast, Lilli. Leb wohl.
Alex